"Play and Game" als soziale Phasen der Entwicklung: Unterschied zwischen den Versionen
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Innerhalb der Theorie der Persönlichkeit von George Herbert Mead bezeichnen Play & Game zwei soziale Phasen der Identitätsentwicklung des Individuums innerhalb des Sozialisationsprozesses. Um diese näher erläutern zu können, ist es notwendig, etwas weiter auszuholen. | Innerhalb der Theorie der Persönlichkeit von George Herbert Mead bezeichnen Play & Game zwei soziale Phasen der Identitätsentwicklung des Individuums innerhalb des Sozialisationsprozesses. Um diese näher erläutern zu können, ist es notwendig, etwas weiter auszuholen. | ||
− | '''''Was ist Sozialisation?''' | + | '''''Was ist Sozialisation?''''' |
− | Sozialisation ist der Prozess, der dazu führt, den Menschen in seine ihn umgebende Gesellschaft einzugliedern. Diese Funktion übernimmt in erster Linie die Umwelt sowie Familie, Nachbarschaft usw. | + | ''Sozialisation ist der Prozess, der dazu führt, den Menschen in seine ihn umgebende Gesellschaft einzugliedern. Diese Funktion übernimmt in erster Linie die Umwelt sowie Familie, Nachbarschaft usw.'' |
− | Diese Eingliederung geschieht vor allem durch die Rollenübernahme des Individuums. | + | ''Diese Eingliederung geschieht vor allem durch die Rollenübernahme des Individuums. Das Individuum übernimmt im Laufe seines Lebens durch Beobachtung und Nachahmung seiner Umwelt, aber auch durch bewusstes Lernen, wie ein Schauspieler in einem Theaterstück, mehrere soziale Rollen. Es ist nun die Aufgabe des Individuums, die von außen an seine soziale Position herangetragenen Rollenerwartungen zu verinnerlichen und ihnen gerecht zu werden. Diese Rollenerwartungen lassen sich in drei Stärkegrade unterteilen. Bei Nichtbefolgung kommen seitens der Gesellschaft entsprechend starke Sanktionen zum Einsatz. Also lernt das Individuum ein bestimmtes Rollenverhalten. Die Grundqualifikationen dieses Rollenverhaltens werden im Sozialisationsprozess entwickelt. Folgende Grundqualifikationen sind die wichtigsten:'' |
− | Das Individuum übernimmt im Laufe seines Lebens durch Beobachtung und Nachahmung seiner Umwelt, aber auch durch bewusstes Lernen, wie ein Schauspieler in einem Theaterstück, mehrere soziale Rollen. | + | |
− | Es ist nun die Aufgabe des Individuums, die von außen an seine soziale Position herangetragenen Rollenerwartungen zu verinnerlichen und ihnen gerecht zu werden. Diese Rollenerwartungen lassen sich in drei Stärkegrade unterteilen. Bei Nichtbefolgung kommen seitens der Gesellschaft entsprechend starke Sanktionen zum Einsatz. | + | |
− | Also lernt das Individuum ein bestimmtes Rollenverhalten. Die Grundqualifikationen dieses Rollenverhaltens werden im Sozialisationsprozess entwickelt. Folgende Grundqualifikationen sind die wichtigsten: | + | |
− | 1. Eigenes Handeln distanziert und reflektiert betrachten können '''(Rollendistanz)''' | + | ''1. Eigenes Handeln distanziert und reflektiert betrachten können '''(Rollendistanz)''''' |
− | 2. Einfühlungsvermögen besitzen '''(Empathie)''' | + | ''2. Einfühlungsvermögen besitzen '''(Empathie)''''' |
− | 3. Uneindeutigkeiten ertragen können '''(Ambiguitätstoleranz)''' | + | ''3. Uneindeutigkeiten ertragen können '''(Ambiguitätstoleranz)''''' |
− | Man sollte sich nicht immer fragen, ob das gerade Gemachte richtig war und die Rolle gemäß den Normen erfüllt wurde, sondern auch Uneindeutigkeiten akzeptieren.'' | + | ''Man sollte sich nicht immer fragen, ob das gerade Gemachte richtig war und die Rolle gemäß den Normen erfüllt wurde, sondern auch Uneindeutigkeiten akzeptieren.'' |
'''<u>Zusammenfassende Aussage von Meads Arbeiten:</u>''' Persönlichkeit und soziales Handeln sind durch Symbole geprägt, die im Prozess der Sozialisation erworben werden und im Prozess der Interaktion von den Handelnden wechselseitig bestätigt oder verändert werden. Der Mensch erschließt sich seine Welt über symbolische Bedeutung. | '''<u>Zusammenfassende Aussage von Meads Arbeiten:</u>''' Persönlichkeit und soziales Handeln sind durch Symbole geprägt, die im Prozess der Sozialisation erworben werden und im Prozess der Interaktion von den Handelnden wechselseitig bestätigt oder verändert werden. Der Mensch erschließt sich seine Welt über symbolische Bedeutung. | ||
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Die Symbole sind ein Teil dessen, was wir Sprache nennen. Weil wir in der Sprache die gleichen Symbole verwenden, können wir uns in den Anderen hineinversetzen. | Die Symbole sind ein Teil dessen, was wir Sprache nennen. Weil wir in der Sprache die gleichen Symbole verwenden, können wir uns in den Anderen hineinversetzen. | ||
− | ''' | + | Das '''Role Taking''' ist die Übernahme einer Rolle. Nach Mead ist es die Fähigkeit, sich in jemanden hineinzuversetzen. Man sollte wissen, wie ein Individuum auf ein bestimmtes Verhalten reagieren würde und sein eigenes Verhalten daran anpassen. |
Soziales Handeln ist dadurch charakterisiert, dass die Handelnden wechselseitig imstande sind, den subjektiv gemeinten Sinn des Anderen nachzuvollziehen. Die Handelnden interpretieren ihr Handeln wechselseitig. | Soziales Handeln ist dadurch charakterisiert, dass die Handelnden wechselseitig imstande sind, den subjektiv gemeinten Sinn des Anderen nachzuvollziehen. Die Handelnden interpretieren ihr Handeln wechselseitig. | ||
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Beim Prozess der Rollenübernahme geht es aber nicht nur um Interaktion, sondern auch um Identität. | Beim Prozess der Rollenübernahme geht es aber nicht nur um Interaktion, sondern auch um Identität. | ||
Das Individuum wird sich seiner Identität erst bewusst, wenn es sich mit den Augen der Anderen sieht. Diese Fähigkeit ist ausschlaggebend für die Entwicklung einer Identität. | Das Individuum wird sich seiner Identität erst bewusst, wenn es sich mit den Augen der Anderen sieht. Diese Fähigkeit ist ausschlaggebend für die Entwicklung einer Identität. | ||
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Die Entwicklung der Identität lässt sich in zwei soziale Phasen teilen: | Die Entwicklung der Identität lässt sich in zwei soziale Phasen teilen: | ||
− | ''' | + | '''Play''' |
− | + | Das Kind gewinnt seine Identität, indem es wichtige Repräsentanten der Gesellschaft nachahmt. | |
− | Das Kind gewinnt seine Identität, indem es wichtige Repräsentanten der Gesellschaft nachahmt | + | Das Play ist das Rollenspiel des Kindes. Das Kind spielt also wichtige Bezugspersonen nach und handelt und denkt von ihrem Standpunkt aus. Diese Bezugspersonen bezeichnet Mead als '''signifikante Andere'''. Das Kind wechselt ständig zwischen der eigenen Rolle und jener des signifikanten Anderen und entwickelt auf diese Weise ein Gefühl ''dafür, sich in andere hineinzuversetzen''. Es ''fühlt sich in die eigene, wie auch in die andere Rolle ein''. Es entwickelt sich eine organisierte Struktur. Die beiden Identitäten, nämlich die eigene und die des signifikanten Anderen, pflegen einen Dialog mit Hilfe von Gesten miteinander. Durch diesen Dialog wird sich das Kind darüber gewiss, welche Reaktion das eigene Verhalten bei Anderen auslöst und welche eigene Reaktion das Verhalten der Anderen auslöst. Die somit entstandene „Identität“ spiegelt sie Haltung der anderen wider. Das Kind hat somit auch die „Welt“ der Anderen mit übernommen. |
− | Das Play ist das Rollenspiel des Kindes. Das Kind spielt also wichtige Bezugspersonen nach und handelt und denkt von ihrem Standpunkt aus. Diese Bezugspersonen bezeichnet Mead als ''' | + | |
'''Festzuhalten ist''', dass während der ersten Phase, dem Play, nur einzelne Rollen übernommen werden können, und diese auch nur nacheinander und nicht gleichzeitig. Das Play orientiert sich am signifikanten Anderen (den Bezugspersonen), dem sozialen Nahbereich. | '''Festzuhalten ist''', dass während der ersten Phase, dem Play, nur einzelne Rollen übernommen werden können, und diese auch nur nacheinander und nicht gleichzeitig. Das Play orientiert sich am signifikanten Anderen (den Bezugspersonen), dem sozialen Nahbereich. | ||
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Das Game ist die zweite soziale Phase zur Entwicklung einer Identität. Mead bezeichnet es als organisiertes, geregeltes Gruppenspiel mit organisierten Rollen. | Das Game ist die zweite soziale Phase zur Entwicklung einer Identität. Mead bezeichnet es als organisiertes, geregeltes Gruppenspiel mit organisierten Rollen. | ||
Beim Game muss das Kind mehrere Rollen gleichzeitig übernehmen können. Es muss imstande sein, die Konsequenzen des eigenen Handelns, die damit verbundenen Folgen für die „Gruppe“ zu bedenken. Außerdem muss es das Verhalten der Anderen berücksichtigen können. | Beim Game muss das Kind mehrere Rollen gleichzeitig übernehmen können. Es muss imstande sein, die Konsequenzen des eigenen Handelns, die damit verbundenen Folgen für die „Gruppe“ zu bedenken. Außerdem muss es das Verhalten der Anderen berücksichtigen können. |
Aktuelle Version vom 11. Januar 2010, 20:36 Uhr
Innerhalb der Theorie der Persönlichkeit von George Herbert Mead bezeichnen Play & Game zwei soziale Phasen der Identitätsentwicklung des Individuums innerhalb des Sozialisationsprozesses. Um diese näher erläutern zu können, ist es notwendig, etwas weiter auszuholen.
Was ist Sozialisation? Sozialisation ist der Prozess, der dazu führt, den Menschen in seine ihn umgebende Gesellschaft einzugliedern. Diese Funktion übernimmt in erster Linie die Umwelt sowie Familie, Nachbarschaft usw.
Diese Eingliederung geschieht vor allem durch die Rollenübernahme des Individuums. Das Individuum übernimmt im Laufe seines Lebens durch Beobachtung und Nachahmung seiner Umwelt, aber auch durch bewusstes Lernen, wie ein Schauspieler in einem Theaterstück, mehrere soziale Rollen. Es ist nun die Aufgabe des Individuums, die von außen an seine soziale Position herangetragenen Rollenerwartungen zu verinnerlichen und ihnen gerecht zu werden. Diese Rollenerwartungen lassen sich in drei Stärkegrade unterteilen. Bei Nichtbefolgung kommen seitens der Gesellschaft entsprechend starke Sanktionen zum Einsatz. Also lernt das Individuum ein bestimmtes Rollenverhalten. Die Grundqualifikationen dieses Rollenverhaltens werden im Sozialisationsprozess entwickelt. Folgende Grundqualifikationen sind die wichtigsten:
1. Eigenes Handeln distanziert und reflektiert betrachten können (Rollendistanz)
2. Einfühlungsvermögen besitzen (Empathie)
3. Uneindeutigkeiten ertragen können (Ambiguitätstoleranz)
Man sollte sich nicht immer fragen, ob das gerade Gemachte richtig war und die Rolle gemäß den Normen erfüllt wurde, sondern auch Uneindeutigkeiten akzeptieren.
Zusammenfassende Aussage von Meads Arbeiten: Persönlichkeit und soziales Handeln sind durch Symbole geprägt, die im Prozess der Sozialisation erworben werden und im Prozess der Interaktion von den Handelnden wechselseitig bestätigt oder verändert werden. Der Mensch erschließt sich seine Welt über symbolische Bedeutung.
Die Symbole sind ein Teil dessen, was wir Sprache nennen. Weil wir in der Sprache die gleichen Symbole verwenden, können wir uns in den Anderen hineinversetzen.
Das Role Taking ist die Übernahme einer Rolle. Nach Mead ist es die Fähigkeit, sich in jemanden hineinzuversetzen. Man sollte wissen, wie ein Individuum auf ein bestimmtes Verhalten reagieren würde und sein eigenes Verhalten daran anpassen.
Soziales Handeln ist dadurch charakterisiert, dass die Handelnden wechselseitig imstande sind, den subjektiv gemeinten Sinn des Anderen nachzuvollziehen. Die Handelnden interpretieren ihr Handeln wechselseitig. Beim Prozess der Rollenübernahme geht es aber nicht nur um Interaktion, sondern auch um Identität. Das Individuum wird sich seiner Identität erst bewusst, wenn es sich mit den Augen der Anderen sieht. Diese Fähigkeit ist ausschlaggebend für die Entwicklung einer Identität.
Die Entwicklung der Identität lässt sich in zwei soziale Phasen teilen:
Play Das Kind gewinnt seine Identität, indem es wichtige Repräsentanten der Gesellschaft nachahmt. Das Play ist das Rollenspiel des Kindes. Das Kind spielt also wichtige Bezugspersonen nach und handelt und denkt von ihrem Standpunkt aus. Diese Bezugspersonen bezeichnet Mead als signifikante Andere. Das Kind wechselt ständig zwischen der eigenen Rolle und jener des signifikanten Anderen und entwickelt auf diese Weise ein Gefühl dafür, sich in andere hineinzuversetzen. Es fühlt sich in die eigene, wie auch in die andere Rolle ein. Es entwickelt sich eine organisierte Struktur. Die beiden Identitäten, nämlich die eigene und die des signifikanten Anderen, pflegen einen Dialog mit Hilfe von Gesten miteinander. Durch diesen Dialog wird sich das Kind darüber gewiss, welche Reaktion das eigene Verhalten bei Anderen auslöst und welche eigene Reaktion das Verhalten der Anderen auslöst. Die somit entstandene „Identität“ spiegelt sie Haltung der anderen wider. Das Kind hat somit auch die „Welt“ der Anderen mit übernommen.
Festzuhalten ist, dass während der ersten Phase, dem Play, nur einzelne Rollen übernommen werden können, und diese auch nur nacheinander und nicht gleichzeitig. Das Play orientiert sich am signifikanten Anderen (den Bezugspersonen), dem sozialen Nahbereich.
Game: Das Game ist die zweite soziale Phase zur Entwicklung einer Identität. Mead bezeichnet es als organisiertes, geregeltes Gruppenspiel mit organisierten Rollen. Beim Game muss das Kind mehrere Rollen gleichzeitig übernehmen können. Es muss imstande sein, die Konsequenzen des eigenen Handelns, die damit verbundenen Folgen für die „Gruppe“ zu bedenken. Außerdem muss es das Verhalten der Anderen berücksichtigen können. Das Kind unterliegt hier, im Gegensatz zum Play, allgemein abgemachten Regeln, die es zu befolgen gilt. Das Kind muss sich mit dem Gruppenziel identifizieren und sein eigenes Handeln so koordinieren, das es dieses Ziel auch erreicht, zum „Gewinnen“ beiträgt. Des Weiteren merkt das Kind in dieser Phase, dass sein Handeln einerseits von den Anderen abhängt und andererseits das Handeln der Anderen auch beeinflusst. Die gemeinschaftliche Gruppe bezeichnet Mead als das generalisierte Andere. Die Endstufe ist erreicht, wenn das Individuum den Standpunkt einer Institution wie Staat, Gesetz oder Gemeinschaft einnehmen kann.
Abschließend lässt sich festhalten, dass Play & Game nach George Herbert Mead zwei soziale Phasen zur Entwicklung einer Identität darstellen, in denen das Kind soziale Kontrolle erfährt und der wesentlichste Schritt zur Erlangung von Selbstbewusstsein erfolgt.