Freud Version 2

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Das Instanzen–Modell

Das Instanzen–Modell (auch „Freudsches Strukturmodell der Psyche“ genannt) ist ein auf Sigmund Freud zurückgehendes Modell der menschlichen Psyche. Die menschliche Seele besteht danach aus drei Instanzen / Funktionen: dem Ich, dem Es und dem Über – Ich.

Freud arbeitete es erstmals 1923 in seiner Schrift „Das Ich und das Es“ aus. Es wird auch als 2. topisches System bezeichnet.

Das Es

In dieser psychischen Struktur werden die Triebe (Nahrungs-, Sexual- und Todestrieb), Bedürfnisse (z.B.: Geltungs- und Angenommenseinsbedürfnis) und Affekte (Neid, Hass, Vertrauen und Liebe) begründet. Das Es handelt nach dem Lustprinzip, d.h.: es strebt nach der unmittelbaren Befriedigung seines Strebens. Die Triebregungen prägen + strukturieren das menschliche Handeln unbewusst, d.h.: sie wirken, ohne dass die Wirkung dem Handelnden immer explizit bewusst ist.


Entstehung des Es

Das Es ist die psychisch zuerst entstandene, teilweise auch angeborene Instanz der Seele. Wenn der Mensch geboren wird, scheint er psychisch nichts anderes zu sein als ein Triebbündel. Folgende Triebe lassen sich (u.a.) feststellen:

  • Mit dem Mund etwas aufzunehmen, zu spüren, satt sein zu wollen (orale Phase)
  • Ein angenehmes Hautgefühl haben zu wollen (nicht frieren, trocken gelegt, großflächiger Hautkontakt, Berührungen)

Die Art und Weise, wie die Bedürfnisbefriedigung immer wieder erlebt wird, das Maß und die Art der Lust- und Unlusterfahrung, bildet nach der Freudschen Triebtheorie die weiteren Bedürfnisse und Emotionen eines Menschen aus, seine Triebstruktur bzw. seinen unbewussten Charakter. Vernachlässigung wie Überversorgung seitens der Umwelt prägen den Charakter des Kindes suboptimal. Je nachdem, wie die Mitwelt – vor allem die Mutter – auf die Triebäußerungen des Kindes eingeht, entstehen aus Triebimpulsen Gefühle und Bedürfnisse.


Das Ich

Der Begriff des „Ich“ bezeichnet in Freuds Modell jene Instanz, die dem bewussten Denken des Alltags, dem Selbstbewusstsein entspricht. Das Ich vermittelt „zwischen den Ansprüchen des Es, des Über – Ich und der sozialen Umwelt mit dem Ziel, psychische und soziale Konflikte konstruktiv aufzulösen.“ (Rupert Lay: Vom Sinn des Lebens, S.212).

Der reife und psychisch gesunde Mensch setzt so an die Stelle des triebhaften Lustprinzips das Realitätsprinzip.

Zu den Elementen des Ichs zählt man in erster Linie die Bewusstseinsleistungen des Wahrnehmens, des Denkens und des Gedächtnisses. Zum ich zählt man auch in weiterentwickelten psychoanalytischen Theorien auch das Ich – Gewissen (die vom Ich kritisch und selbstkritisch geprüften handlungsleitenden und moralischen Prinzipien, Werte und moralischen Einzelnormen aus dem Über – Ich und aus den Ansprüchen der sozialen Umwelt) sowie die Vorstellungen über die eigene Person, das Selbstbild bzw. Selbst.


Entstehung des Ichs

Nach den ersten Lebensmonaten erfährt ein Neugeborenes immer deutlicher, dass es von Dingen und anderen Menschen unterschieden ist. Es entwickelt ein erstes Bewusstsein von den eigenen Körpergrenzen und Selbstgefühlen. „In den folgenden vier Lebensjahren lernt ein Kind (vorsprachlich und deshalb auch unbewusst) die Fragen zu beantworten „Wer bin ich?“ – „Was kann ich?“ und somit sein Selbstbewusstsein auch inhaltlich zu füllen.“ (Rupert Lay: Ethik für Wirtschaft und Politik, S.68).

Um das Es herum wird also eine Zone aufgebaut, die man als „frühes Ich“ bezeichnen kann. Dieses frühe Ich, das sich wie eine Hülle um das Es legt, wird somit von den frühen Körper- und Selbstrepräsentanzen gebildet. Die frühen Körperrepräsentanzen sind die kindlich grundgelegten Bewusstseins- und Gefühlsinhalte bezüglich der eigenen Person. Sie bestimmen den Sozialcharakter und all unsere später erworbenen Selbstvorstellungen (wer wir sind, was wir fürchten und erhoffen, was wir uns zutrauen...) auf unterschiedliche Weise mit. Zum frühen Ich zählte Freud auch den sozialisationsgebildeten Charakter eines Menschen: Die bewusstseinsfähigen Emotionen und Bedürfnisse, die in Art und Intensität aus den Grundtrieben des Es durch den Sozialisationsprozess geformt worden sind.

Dabei bezeichnete Freud die sozialisationsgeformten Emotionen und Bedürfnisse als „Triebabkömmlinge des Es im Ich“.

Das Es mit seinen angeborenen Triebimpulsen wird hier mit einem Baumstamm verglichen, aus dem das frühe Ich als Krone herauswächst. Deswegen nennt Freud diesen Teil des Ichs ein Produkt des Es: Er ist aus dem Material des Es (aus Grundtrieben) entwickelt worden.


Das Über–Ich

Der Begriff „Über–Ich“ bezeichnet jene psychische Struktur, in der soziale Normen, Werte, Gehorsam, Moral und das Gewissen angesiedelt seien. Sie seien vor allem durch Erziehung erworben und spiegeln die von außen an das Kind herangetragenen, verinnerlichten Werte der Gesellschaft, insbesondere der Eltern wider.

Erst durch die Herausbildung des Über–Ich erwerbe der Mensch die Fähigkeit, sich sozialgerecht zu verhalten und seine ursprünglichen Triebregungen eigenständig zu kontrollieren. Schuldgefühle tauchten auf, wenn die Gebote und Verbote des Über–Ichs nicht befolgt würden.


Entstehung des Über–Ichs

Die Entwicklung des Über–Ichs gehe einher mit der des Ichs, da ein verständlicher Zusammenhang einerseits zwischen der elterlichen Anerkennung und Bewunderung bestehe, die zur Ich – Stärkung führe, und andererseits – der Billigung, die aus der Befolgung elterlicher Normen und Prinzipien erwachse. Das Über–Ich des Kindes könne sich allerdings auch gegen die Eltern richten, indem es sich gewissermaßen „für den Ungehorsam“ entscheidet (Trotzphase).

Letztlich sei das Über – Ich ein abgetrennter Teil des Es, d.h. für Freud sind Moral und Gewissen Elemente der Gefühlswelt. Darin unterscheidet er sich grundlegend einerseits von Kant, demzufolge Moral ein „Faktum der Vernunft“ sei, die nicht mit Gefühlen außer dem Gefühl der Achtung für andere Vernunftwesen einhergehe, andererseits von Gauthier, für den Moral Zweckrationalität ist.


Freuds früheres Seelenmodell / Modell der menschlichen Psyche:

Freud sah die menschliche Psyche als Eisberg, in dem die drei sogenannten psychischen Qualitäten untergebracht waren. Diese Qualitäten waren das Bewusste (vgl. Ich), das Vorbewusste(vgl. Über – Ich) und das Unbewusste (vgl. Es). Während das Bewusste sich an der Eisbergspitze befand, lagen die beiden anderen tief im Eisberg unter dem Wasser verborgen. An dieser Stelle bietet es sich an die Auslegung des Eisbergmodells Freuds von Ruch und Zimbardo aus dem Jahre 1975 kurz zu erläutern:

Auch nach Ruch und Zimbardo liegen Unbewusstes und Vorbewusstes unter Wasser und das Bewusste darüber. An der Wasseroberfläche kommt es zu einem Zusammenstoß zwischen den auslösenden Umweltreizen, von oben und den Abwehrmechanismen des Ichs von unten.

Das Unbewusste umfasste die Lustbefriedigung, Triebabfuhr, traumatische Erlebnisse, Erbanlagen, Instinkte und die psychosexuelle Entwicklung. Nach Freud sind es die seelischen Vorgänge, die wir nicht bemerken, die jedoch immer wieder in das Bewusstsein vordringen und unser Verhalten maßgeblich bestimmen.

Das Vorbewusste umfasste Persönlichkeitsmerkmale wie Erfahrungen, Neugierde, Sicherheiten und Unsicherheiten, Vertrauen und Misstrauen, sowie Ängste und verdrängte Konflikte. Diese Dinge konnten jedoch bei entsprechender Unterstützung wieder bewusst gemacht werden.

Das Bewusste war fähig sich bezüglich Zahlen, Daten, Fakten, Gedanken, Gefühlen und Wünschen zu äußern. Nach Freud sind dies die seelischen Vorgänge, die das Individuum bemerkt und zu denen es unmittelbaren Zugang hat.


Verhältnis zwischen dem Instanzen – Modell und dem älterem Seelenmodell:

Bei allen drei psychischen Instanzen gibt es Bewusstes, Unbewusstes und Vorbewusstes (Informationen und Erfahrungen, die im Moment unbewusst sind, jedoch durch Konzentration wieder in das Bewusstsein geholt werden können). Das Ich/Es/Über – Ich – Modell deckt sich insofern nicht mit Freuds früher entwickelten, ebenfalls dreigliedrigen Modell der Psyche, welches zwischen Bewusstem, Vorbewusstem und Unbewusstem unterscheidet, auch wenn beide als miteinander verflochten gedacht werden können. Das ältere Seelenmodell Freuds wird auch als 1. topisches System bezeichnet.

Mit der Bezeichnung „topisch“ wird bei beiden Modellen auf ihre räumliche Struktur hingewiesen, wobei das zweite Modell stärker auf die Prozesse zwischen den jeweiligen Instanzen abhebt: „In diesem mehr anthropologischen System besitzen die Instanzen den Charakter relativ selbstständiger Personen, die zueinander in freundliche oder feindliche Beziehung treten können.“


Ich–Stärke / -Schwäche:

Damit ein Individuum eine Ich–Stärke entwickeln zu können, muss das Ich wissen, wann es den beiden anderen Instanzen nachgeben kann. Das Ich muss das Es und das Über–Ich verbinden können und durch Kompromisse und Alternativen einen Ausgleich finden können.

Ist dies geschehen, ist das Individuum sich seiner Selbst bewusst und ausgeglichen.

Eine Ich–Schwäche entsteht, wenn das Ich von einem der beiden anderen Instanzen dominiert wird. Überwiegt das Es, so ist das Individuum undiszipliniert und es können neurotische Ängste entstehen. Überwiegt das Über–Ich, so ist das Individuum überdiszipliniert und es kann die Angst vor Kontrollverlust und gesellschaftlicher Verurteilung aufkommen.


Erziehung zur Ich–Stärke:

Eltern und Erzieher sollten:

  1. die Natur der Triebe erkennen und das Verlangen des Kindes, ihnen Ausdruck zu verleihen, akzeptieren und erlauben;
  2. Die normalen psychosexuellen Entwicklungsstadien erkennen und die Konflikte, mit denen das Kind in den verschiedenen Stadien konfrontiert ist;
  3. In jedem Entwicklungsstadium dem Kind genügend Möglichkeiten schaffen, seine Triebe in verständnisvoller Atmosphäre zu befriedigen. Sie sollten jedoch nicht übermäßiger Befriedigung den Weg bahnen, da das Kind sonst auf den Punkt fixiert und nicht mehr Willens wäre, sich zum nächsten Stadium fortzuentwickeln;
  4. Dem Säugling reichlich Pflege und Schutz geben, damit das schwache Ich nicht von der psychischen und sozialen Umwelt überwältigt wird;
  5. Mit der Zeit zunehmend Anleitung zum Problemlösen geben, damit das Ich ein expandierendes Repertoire an bewussten Anpassungstechniken entwickeln kann, die allen Triebbedürfnissen unter unterschiedlichen gesellschaftlichen Bedingungen Genüge tun.


Trieblehre nach Freud:

Nach Freud hat der Mensch zwei Haupttriebe. Auf der einen Seite den Lebenstrieb (Eros) und auf der anderen Seite den Todestrieb (Thanatos). Zwischen diesen beiden herrscht stets ein Spannungsverhältnis und deshalb gibt es bildlich gesprochen ein ständiges Tauziehen zwischen Eros und Thanatos.

Der Lebenstrieb wird von der Libido angetrieben und ist ständig auf der Suche nach Lustgewinn und verschiedenen Bestätigungsfeldern (Freunde, Sport, Sex ...)

Der Todestrieb wird vom Destrudo angetrieben und strebt nach Hass, Verachtung und Auflösung des Lebens.

Würde nun einer der Triebe die Oberhand gewinnen, so bedeutete dies im Falle de Eros ein stark narzisstisches Verhalten und im Falle des Thanatos die Gefahr des Suizid bzw. sadistische und masochistische Neigungen.

Bei jedem Trieb gibt es eine Triebquelle, ein Triebobjekt und ein Triebziel.

Die Quelle ist das Körperteil, von dem der Trieb ausgeht. Das Objekt ist der Gegenstand mit dessen Hilfe die Triebbefriedigung vollzogen werden soll und das Triebziel ist die Triebbefriedigung an sich.

Im Falle des Tauziehens: Triebquelle: Hand, Triebobjekt: Seil, Triebziel: Sieg über anderen Trieb. Möchte ein Baby Nahrung zu sich nehmen, so ist die Quelle der Mund, das Objekt die Flasche mit Milch und das Triebziel die Befriedigung / Beseitigung des Hungergefühls.


Freud und die Sexualität:

Für Freud setzt das Sexualleben kurz nach der Geburt mit deutlichen Äußerungen ein. Es ist für ihn von größter Wichtigkeit zwischen sexuell und genital scharf zu unterscheiden. Sexuell ist ein weit gefasster Begriff, der Tätigkeiten mit einbezieht, die nichts mit den Genitalien zu tun haben können. Das Sexualleben dient seiner Meinung nach „nur“ zur Lustgewinnung und wird erst nachträglich in den Dienst der Fortpflanzung gestellt. Es würden selten beide Funktionen gleichzeitig abgedeckt, so Freud.

Unterschied zwischen Freuds und der üblichen Auffassung des Begriffs „Sexualität“: Entgegen Freuds Auffassung dient die Sexualität in erster Linie nur der Fortpflanzung. Küssen, Beschauen und Betasten des fremden Körpers sind nur Begleiterscheinungen. Sie tritt erst im geschlechtsreifen Alter, der Pubertät, auf.