Aspekte der Beethovenrezeption: Unterschied zwischen den Versionen

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Wir beschäftigen uns exemplarisch mit dem 1. Satz der [http://www.youtube.com/watch?v=k78Aq0sAPxA Symphonie Nr. 1] von [[Ludwig van Beethoven]]. In diesem Zusammenhang ist es wichtig, sich die Grundlagen der [[Harmonielehre]] anzusehen.
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Wir beschäftigten uns exemplarisch mit dem 1. Satz der [http://www.youtube.com/watch?v=k78Aq0sAPxA Symphonie Nr. 1] von [[Ludwig van Beethoven]]. In diesem Zusammenhang ist es wichtig, sich die Grundlagen der [[Harmonielehre]] anzusehen.
  
Für unsere Ohren klingt diese Symphonie doch eher [[harmonisch]]. für die Zeitgenossen Beethovens war diese Musik aber sehr "[[provokant]]" und unerhört. Dies belegen viele Äußerungen der damaligen Zeit, wie z.B. ein Brief von [[Ernst Ludwig Gerber]], einem Zeitgenossen Beethovens aus dem Jahre 1817: (Quelle: AfMw X, 236f.): "Endlich scheint es mir, als ob die Phantasie, als Despot, die unumschränkte Herrschaft über die Musik an sich gerissen habe. Freilich läßt sich keine Musik ohne Phantasie denken; nur muß sie durch Geschmack und Vernunft zweckmäßig geregelt sein. Aber jetzt sind an keine Formen, an keine Schranken der Phantasie mehr zu denken. Alles geht obenaus und nirgend an; je toller, desto besser! Je wilder, je bizarrer, desto neumodischer und effektvoller; das ist ein unaufhörliches Haschen nach fremden Tonarten und Modulationen, nach unharmonischen Ausweichungen, nach ohrenzerreißenden Dissonanzen und nach chromatischen Gängen, ohne Erholung und Aufhören für den Zuhörer. Auf solche Weise spielen wir aber nichts als lauter Phantasien. Unsere Sonaten sind Phantasien, unsere Ouvertüren sind Phantasien und selbst unsere Sinfonien, wenigstens die von Beethoven und Konsorten, sind Phantasien."
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Für unsere Ohren klingt diese Symphonie doch eher [[harmonisch]]. Für die Zeitgenossen Beethovens war diese Musik aber sehr "[[provokant]]" und unerhört. Dies belegen viele Äußerungen der damaligen Zeit, wie z.B. ein Brief von [[Ernst Ludwig Gerber]], einem Zeitgenossen Beethovens aus dem Jahre 1817: (Quelle: AfMw X, 236f.): "Endlich scheint es mir, als ob die Phantasie, als Despot, die unumschränkte Herrschaft über die Musik an sich gerissen habe. Freilich läßt sich keine Musik ohne Phantasie denken; nur muß sie durch Geschmack und Vernunft zweckmäßig geregelt sein. Aber jetzt sind an keine Formen, an keine Schranken der Phantasie mehr zu denken. Alles geht obenaus und nirgend an; je toller, desto besser! Je wilder, je bizarrer, desto neumodischer und effektvoller; das ist ein unaufhörliches Haschen nach fremden Tonarten und Modulationen, nach unharmonischen Ausweichungen, nach ohrenzerreißenden Dissonanzen und nach chromatischen Gängen, ohne Erholung und Aufhören für den Zuhörer. Auf solche Weise spielen wir aber nichts als lauter Phantasien. Unsere Sonaten sind Phantasien, unsere Ouvertüren sind Phantasien und selbst unsere Sinfonien, wenigstens die von Beethoven und Konsorten, sind Phantasien."
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Die harmonische Analyse des Anfangs des 1. Satzes der Symphonie Nr. 1 in C-Dur gibt es hier als Video.
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Sehr ungewöhnlich, dass die Symphonie, die in C-Dur steht (keine Vorzeichen) gleich mit dem [[Dominantseptakkord]] von F-Dur beginnt (also mit dem Akkord C7), der sich dann nach F-Dur (also der [[Subdominante]] von C-Dur) auflöst. Im zweiten Takt erklingt dann der Akkord G7, also der [[Dominantseptakkord]] von C-Dur, der sich aber nach A-Moll auflöst, der [[Tonikaparallele]] von C-Dur = [[Trugschluß]]. Im Takt 3 erklingt ein weiterer Dominantseptakkord, hier der Akkord D7 als Dominante der Tonart G. Im weiteren Verlauf der Einleitung wird die Tonart immer weider "umkreist" und erst im Takt 13 wird die [[Tonika]] C zum ersten mal erreicht.

Version vom 21. Juni 2011, 09:47 Uhr

Wir beschäftigten uns exemplarisch mit dem 1. Satz der Symphonie Nr. 1 von Ludwig van Beethoven. In diesem Zusammenhang ist es wichtig, sich die Grundlagen der Harmonielehre anzusehen.

Für unsere Ohren klingt diese Symphonie doch eher harmonisch. Für die Zeitgenossen Beethovens war diese Musik aber sehr "provokant" und unerhört. Dies belegen viele Äußerungen der damaligen Zeit, wie z.B. ein Brief von Ernst Ludwig Gerber, einem Zeitgenossen Beethovens aus dem Jahre 1817: (Quelle: AfMw X, 236f.): "Endlich scheint es mir, als ob die Phantasie, als Despot, die unumschränkte Herrschaft über die Musik an sich gerissen habe. Freilich läßt sich keine Musik ohne Phantasie denken; nur muß sie durch Geschmack und Vernunft zweckmäßig geregelt sein. Aber jetzt sind an keine Formen, an keine Schranken der Phantasie mehr zu denken. Alles geht obenaus und nirgend an; je toller, desto besser! Je wilder, je bizarrer, desto neumodischer und effektvoller; das ist ein unaufhörliches Haschen nach fremden Tonarten und Modulationen, nach unharmonischen Ausweichungen, nach ohrenzerreißenden Dissonanzen und nach chromatischen Gängen, ohne Erholung und Aufhören für den Zuhörer. Auf solche Weise spielen wir aber nichts als lauter Phantasien. Unsere Sonaten sind Phantasien, unsere Ouvertüren sind Phantasien und selbst unsere Sinfonien, wenigstens die von Beethoven und Konsorten, sind Phantasien."

Die harmonische Analyse des Anfangs des 1. Satzes der Symphonie Nr. 1 in C-Dur gibt es hier als Video.

Sehr ungewöhnlich, dass die Symphonie, die in C-Dur steht (keine Vorzeichen) gleich mit dem Dominantseptakkord von F-Dur beginnt (also mit dem Akkord C7), der sich dann nach F-Dur (also der Subdominante von C-Dur) auflöst. Im zweiten Takt erklingt dann der Akkord G7, also der Dominantseptakkord von C-Dur, der sich aber nach A-Moll auflöst, der Tonikaparallele von C-Dur = Trugschluß. Im Takt 3 erklingt ein weiterer Dominantseptakkord, hier der Akkord D7 als Dominante der Tonart G. Im weiteren Verlauf der Einleitung wird die Tonart immer weider "umkreist" und erst im Takt 13 wird die Tonika C zum ersten mal erreicht.